Die Anfänge von St. Michael


Der Bau der Kirche und die Gründung der Gemeinde St. Michael sind eng mit dem Wachsen
der Bergbaustadt Bottrop verbunden. Bis zum Jahre1850 hatte sich Bottrop einen ländlichen
Charakter bewahrt. Aber nach 1850 änderte sich das Bild des Ortes zusehends. Denn im
Jahre 1860 wurde der Schacht Prosper I abgeteuft. Nach und nach entstanden weitere
Schachtanlagen, so zwischen 1871 und 1875 Prosper II, in deren unmittelbarer Nähe die
Kirche St. Michael liegt. Die Einwohnerzahl stieg rasant an. Zählte Bottrop im Jahre 1800
noch 2.000 Einwohner, so waren es 1850 bereits 3.200 und im Jahre 1908 dann 42.000.
Diese Zahl stieg dann noch bis zum Jahr der Einweihung der Kirche St. Michael 1913 auf
63.000 Einwohner. Etwa 4/5 der Bevölkerung waren katholisch. Da genügte die alte
Cyriakus-Kirche in der Innenstadt bei weitem nicht mehr. Nach und nach wurden neue
Kirchen gebaut. Nachdem 1898 die Kirche St. Johannes in der Boy, 1902 die Herz-Jesu-
Kirche und 1905 die Liebfrauenkirche auf dem Eigen gebaut wurden, entstand dann 1913
St. Michael.

Das Gebiet der heutigen Filialkirche St. Michael gehörte zunächst zu der 1902 entstandenen
Herz-Jesu-Kirche und der entsprechenden Pfarre. Mit der wachsenden Bevölkerungszahl
und der zunehmenden Zahl an Katholiken, gerade auch im Bereich der Schachtanlage
Prosper II sprachen sich im November 1911 der Kirchenvorstand der Herz-Jesu-Pfarre für
den Neubau einer Kirche im Raum der Prosper-, Glückauf- und Brakerstraße aus. Der
damalige Pfarrer von Herz-Jesu, Wolter, richtete ein Gesuch um Genehmigung des
Kirchbaus an das damals zuständige bischöfliche Generalvikariat in Münster. Wir erinnern,
dass es das Bistum Essen erst seit 1958 gibt.

Zur Begründung wies er darauf hin, dass in dem Bezirk, in dem die neue Kirche gebaut
werden soll, ungefähr 4.000 Katholiken wohnen würden, die zum Teil recht lange Wege zur
Herz-Jesu-Kirche zurückzulegen hätten. Ein „Glücksfall“ für das Gebiet von St. Michael war
dann der Umstand, dass die gerade erst gebaute Herz-Jesu-Kirche wegen Bauschäden ge-
schlossen wurde und die ganze Gemeinde von 14.000 (!) Christen auf eine Notkirche
angewiesen war. Das beschleunigte natürlich den Antrag und die bischöfliche Behörde
genehmigt letztendlich den Bauer einer zusätzlichen Kirche.

Die Arenbergsche Bergbau AG stellte dann den Platz für die Kirche an der heutigen Glück-
aufstraße kostenlos (!) zur Verfügung. Eine derartige Großzügigkeit eines Wirtschaftsunter-
nehmens wäre heute sicher kaum noch vorstellbar. Zur damaligen Zeit gehörte es für die
Bergbaugesellschaften aber zum guten Ton, dafür zu sorgen, dass auch das Umfeld der
Zechenanlagen zum Wohle der dort Beschäftigten gestaltet wird. Wenn die Infrastruktur
rund um die Schachtanlage stimmte, war die Anlage auch als attraktiver Arbeitgeber für neue
Bergleute interessant.

Am 30. November 1913 wurde dann die neue, vom Architekten Franke aus Gelsenkirchen
entworfene Kirche feierlich eingesegnet. Die eigentliche Kirchweihe war dann am
17. März 1915 durch den damaligen Weihbischof Kappenberg von Münster.

Der damals an Herz-Jesu tätige Kaplan Hugenroth wurde erster Pfarrrektor von St. Michael.
Neun Jahre später, im Jahre 1922 wurde die Kirche St. Michael dann auch offizielle
Pfarrgemeinde und Rektor Hugenroth der erste Pfarrer.

Da der neue Pfarrer auch irgendwo wohnen musste, zeigte sich die Bergbaugesellschaft
wieder großzügig und stellte ein Haus links neben der Kirche zur Verfügung. Später wurde
dann rechts neben der Kirche die eigentliche Pfarrer-Wohnung gebaut (altes Pfarrheim). In
das Haus links neben der Kirche zogen dann Heiligenstädter Schwestern ein, die es insbe-
sondere unternahmen, den Kindergarten zu leiten. Viele ältere Gemeindemitglieder werden
sich noch daran erinnern können.

Die Gemeinde wuchs in den nächsten Jahren stark an. So betrug die Zahl der Katholiken im
Jahre des 25-jährigen Bestehens 1938 5.200.

Der zweite Weltkrieg verschonte auch St. Michael nicht. Bei schweren Bombenangriffen im
Jahre 1944 wurde die Kirche stark beschädigt. Nach dem Krieg halfen viele
Gemeindemitglieder in so genannten „Selbsthilfegruppen“ mit, das Gotteshaus wieder
notdürftig für die Nutzung herzurichten. 1948 wurde dann der Kirchturm wieder mit Kreuz
und Hahn versehen. 1952 wurde eine neue Orgel eingebaut. Dem folgten 1956 drei neue
Glocken, 1963 mit elektrischem Antrieb versehen.

1961 wurde dann der Innenraum des Gotteshauses komplett umgestaltet. Nachdem im
Jahre 1967 ein neues Pfarrhaus gebaut werden konnte, folgte dann im Jahre 1980 die
Einweihung des neuen Pfarrheims.

In den Jahren 1981 bis 1984 wurde dann das Innere der Pfarrkirche ausgestaltet und erhielt
sein jetziges Aussehen.

Letzter Höhepunkt der baulichen Gestaltung war dann sicher die Einweihung des Rosa-
Mystica-Fensters im Sommer 2012.

Damit endet dann der kleine Rückblick auf die Anfänge von St. Michael. Man kann mit Fug
und Recht behaupten, dass die Kirche St. Michael in Abhängigkeit vom Wachsen des Berg-
baus in der Stadt Bottrop entstanden ist. Und der Bergbau hat auch immer das Gemeindele-
ben entscheidend mitgeprägt, da die große Mehrheit der Gemeindemitglieder direkt oder
indirekt auf der Zeche beschäftigt war.


Ulrich Bonk