Kirchenfenster Rosa Mystica von Josef Albers

Ein Deutungsversuch und eine Hinführung zum Fenster: Die 7 Freuden und die 7 Schmerzen Mariens.


Das Fenster begeistert durch die große Strahlkraft in den unterschiedlichen Blautönen, aber insbesondere durch den „blutroten, leuchtenden Mittelteil“, wenn man überhaupt von einer Dreiteilung des Fensters sprechen kann. Der Mittelteil zeigt uns symbolisch eine Rose, mit Phantasie gelingt es, rote Rosenblätter zu erkennen, die wie bei der Blume selbst miteinander vernetzt sind und eine zentrale Mitte haben. Maria wird in kirchlichem Liedgut und in der Kunst oft als die reine Rose bezeichnet.
„So ist das gesamte Fenster ein Gebet an MARIA“, so der bischöfliche Kunstbeauftragte des Bistum Essen, Dr. Herbert Fendrich, anlässlich der Segnung des Fensters am 01.07.2012.

Der lat. Text.: Rosa Mystica, ora pro nobis bedeutet übersetzt: (Maria), Du geheimnisvolle Rose, bitte für uns!

Im Mittelblock sind insgesamt über 21 „Rosenblätter (wie Edelsteine/Kristalle)“ hervorgehoben, davon 7 runde in einem inneren Kreis und 7 weitere ovale in einem Außenkreis. Verbunden sind sie jedoch wieder alle durch 7 „Blätter“ in einer mittleren Ebene zu den beiden Kreisen. Letztlich sind sie zentriert zu einem Mittelpunkt, einem Ursprung (Gott), wie in einem „sichtbaren Spinnennetz“ verwoben; so wie sich die Rosenblätter auch an einer Mitte, der Blüte, „festgemacht“ haben.
Die 7 inneren „Rosenblätter“ symbolisieren die 7 Freuden Mariens, lat.: Maria lätitia, das Marienfest feiert die Kirche am 5. Juli.
Papst Clemens IV verfasste 1265 eine Schrift : „Los VII gauz da nostra dona“ = die 7 Freuden unserer lieben Frau, 1906 wurde dies offiziell durch Papst Pius X von der katholischen Kirche bestätigt.
Die quasi im Uhrzeigersinn (beginnend, wo der Lichtstrahl oben links das 1. Blatt trifft) nachfolgenden Bibelstellen zeigen:

1.Die Verkündigung durch den Engel (in Nazareth, Lk 1,26-38)

2. Die Heimsuchung  (Lk 1,39-56, Begegnung mit Elisabeth, „wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?“ und  Maria antwortet mit dem bekannten Magnificat (Festtag 31.5.)

3. Die Geburt Jesu (Lk 1,5-80 und 2,1-52)

4. Die Anbetung der Weisen  (Erscheinung des Herrn Mt 2,1-11)

5. Das Wiederauffinden des Sohnes im Tempel  (Lk 2 46-52)

6. Die Auferstehung Jesu  (1.Tess 4,14 und Mt 28,2-10)

7. Die Aufnahme Mariens in den Himmel  (1950 durch Papst Pius XII zum Dogma erklärt, Festtag: 15.8., Hinweise in Buch Offb 12,1)

Was bedeutet der helle Strahl von oben?
Vielleicht ist dadurch Gotteswirken (Heiliger Geist) an Maria, („du wirst einen Sohn gebären“… deshalb wird das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden…“ Lk 1,35), aber auch sein Wirken an uns symbolisiert. Es kommt nicht von ungefähr, dass dieser Strahl nur ein einziges Mal von oben kommt und die Verkündigung der bevorstehenden Geburt des Menschensohnes und sein Kommen auf die Erde durch den Engel zeigt.


Die 7 äußeren Rosenblätter symbolisieren die „7 Schmerzen“ Mariens (erinnern Sie sich an „Stabat mater“ = „Christi Mutter stand mit Schmerzen…“ und an Bildnisse: Mater dolorosa = die schmerzhafte Mutter, dieses Fest feiert die Kirche am 15.September.


1. Die Darstellung Jesu im Tempel und die Weissagung Simeons ( Lk 2,22-24 und 2,29-32)

2. Die Flucht nach Ägypten (Mt 2,13-15)

3. Das Verlieren des 12-jährigen Sohnes (Lk 2,41-45)

4. Die Begegnung mit dem Sohn auf dem Kreuzweg (4. Station / Lk 2,34-35,51)

5. Das Ausharren unter dem Kreuz und die Kreuzigung (12. Kreuzwegstation Mt 27,45-50,54)

6. Die Kreuzesabnahme (13. Kreuzwegstation, oft dargestellt als Bildnis der Pieta, Joh 19,38-41)

7. Die Grablegung (14. Kreuzwegstation / Mt 27, 59-61 und Joh 19,41-42)


Was bedeuten die zwei hellen Strahlen nach unten?
Vielleicht ist dadurch die Verbindung zu uns Menschen symbolisiert. Es kommt nicht von ungefähr, dass beide Strahlen mit Christi Tod für uns Menschen zu tun haben, wenn im Uhrzeigersinn der erste Strahl von der Bibelstelle, als „Maria Jesus auf dem Kreuzweg begegnet“ ausgeht, sie all das Leid sieht. Möge für uns daraus der Auftrag entstehen „Einer trage des anderen Last“, dass wir so unser Christsein in den Alltag bringen. 
3 Rosenblätter weiter: die Grablegung. Von hier geht die Strahlkraft auf uns Menschen erneut über, weil durch Christi Tod, er die Sünde von uns nahm und uns den Weg zum Vater eröffnet hat.



Josef Albers
*19. März 1888  in Bottrop
+25. März 1976 in New Haven, Connecticut


Josef Albers hat dieses Fenster 1917 während des 1. Weltkrieges geschaffen und die helfende und fürbittende Symbolkraft der Gottesmutter aufgegriffen. Wieviel Not mag im Schatten des ursprünglichen Fensters von den Menschen an Maria herangetragen worden sein?
Durch das „Wirken des Heiligen Geistes“ kamen wir nun fast 100 Jahre später wieder in die glückliche Situation, dieses Ursprungsfenster nach alten Plänen und Anweisungen in der Glasmalerei Peters, Paderborn, erneut wiederherstellen zu können, eine „Fügung Gottes“ und ein Geschenk an die Gläubigen vor Ort!
Mögen die Menschen an diesem Fenster weiterhin ihre Sorgen vor Gott bringen und auf die Fürsprache der Muttergottes vertrauen. Ganz im Sinne von:
Rosa mystica, ora pro nobis – Gottesmutter, bitte für uns!

Schauen Sie sich dieses Fenster unbedingt an, entweder zu den üblichen Gottesdienstzeiten in St. Michael
Samstags 17:00 Uhr (Vorabendmesse)
Sonntags   8:30 Uhr
Mittwochs 9:00 Uhr
oder nach Absprache auch bereits samstags ab 16:00 Uhr, da sich dankenswerterweise ein Kreis von Verantwortlichen gefunden hat, der in der Kirche anwesend ist.

(Klaus Wehrhöfer)